Spielraum für Kinder
Kindergarten Spenglergasse, Steiermark
Architektur und Pädagogik
Nach fast einem Jahr Nutzung ist die Begeisterung und Freude noch immer gleichbleibend groß. Betritt man das Gebäude, so hat man das Gefühl, einen lebendigen, heimeligen Ort zu betreten. Grund ist eine Atmosphäre, in der die Pädagog:innen gerne arbeiten und die Kinder sich wohl und sicher fühlen. Das schönste Kompliment ist laut der Leiterin die Tatsache, dass es bei den Kindergartenneulingen keine Eingewöhnungsphase gibt – „die Kinder fühlen sich vom ersten Tag an angekommen und zu Hause“. Der neu errichtete 2-gruppige Kindergarten im offenen System ersetzt den ältesten Kindergarten der Gemeinde. Er ist ein gelungenes Beispiel für das Zusammenspiel von Architektur und Pädagogik. Es ist schön zu beobachten, wie Kinder in ihrem freien Spiel ihren unterschiedlichen Neigungen nachgehen und die Architektur das offene Konzept unterstützt und ergänzt.
» Sich wohlfühlen und die Möglichkeit zum freien Spiel sind das zentrale Kriterium der Gestaltung der Räume, die sowohl Geborgenheit als auch Stimulation bieten.«
Objekt
Kindergarten
Auftraggeber
Gemeinde Seiersberg-Pirka
Status
Realisiert
Ort
Seiersberg-Pirka
Planung
2021-2022
Realisierung
2022-2023
Auftragsumfang
OA, ED, FP
Kategorie
Bildung
Art
Neubau
NGF
700m²
Statik
Petschnigg ZT GmbH
Bauphysik
Bauphysik: Vatter&Partner ZT
HKLS:
IB Fandl
Elekroplanung
Klauss Planungsges. mbH
Freianlagen
t3a
Einrichtung und Design
t3a
Fotografie
David Schreyer
»Die Grundrissstruktur ist vielfältig und facettenreich, bietet aber Ordnung, Klarheit und Orientierung. Das wiederum erleichtert die Arbeit der Pädagoginnen und erlaubt den Kindern in ihrem freien Spiel eine Freiheit, die andernfalls nicht möglich wäre. «
Alles im Blick
Ermöglicht wird dies nicht zuletzt durch die vielen transparenten Wände und die sauber detaillierten Möbeleinbauten, die eine Vielzahl von Sichtbeziehungen und im Weiteren eine ungewohnt gute Übersicht und Orientierung im Gebäude erlauben. Möglichst viel Kommunikation über Sichtbarkeit herstellen und möglichst viel Außenraum einfangen. Das gelungene Zusammenspiel der einzelnen Bereiche wird vor allem auch durch die Art der Öffnung der unterschiedlichen Räume zueinander erreicht.
Fließende Räume
Die Innenräume verfügen über eine hohe funktionelle und räumliche Vielfalt. Ineinander übergehende Raumsituationen, angebundene Nischen, Möglichkeiten zur Mehrfachnutzung, Galeriesituationen, multifunktionale Möbeleinbauten, Zonierungen, Transparenz, Durchlässigkeit und Licht aus allen Himmelrichtungen bieten dem Konzept des „offenen Kindergartens“ die räumliche Entsprechung. So entsteht Verbindung wie auch Verbundenheit zwischen den Kindern und Pädagogen. Der freie Grundriss wird hier tatsächlich umgesetzt, und zwar nicht nur im räumlichen Sinn, sondern auch durch die visuellen Durchlässigkeiten.
Lernen auf allen Ebenen
Entdecken und Ausprobieren – wir wollen die Sinne der Kinder aktivieren. Über unsere Sinne schaffen wir eine Brücke zwischen unserer Innen- und Außenwelt. Um dies zu erreichen, nutzen wir verschiedene Farben, Formen, Materialien, Texturen, Raumgestaltung und Licht. Lernen mit „Kopf, Herz und Hand“ – hier werden Kinder aktiv. Niedrige, sortierte Regale, offene Strukturen und zugängliche Materialien auf Augenhöhe ermöglichen es den Kindern, eigenständig zu wählen, zu spielen und zu lernen. Für die Kinder ist es eine wichtige Erfahrung, mitgestalten zu dürfen. Die Wände sind Spielobjekte … riesige Wandtafeln laden zum Bemalen ein … Bodenkissen oder Polsterwürfel werden zu einer Höhle … auf Bühnen, Podesten darf getanzt und versteckt werden …
»…spielen, toben, verstecken und die Welt entdecken«
…viel Licht von oben
Besondere Highlights sind die pyramidenförmig ansteigenden Decken, an die sich oben ein Oberlicht anschließt. Die markanten Lichthöfe bringen nicht nur viel Licht von oben in die Räume, sondern schaffen auch eine lebendige abwechlungsreiche Deckenlandschaft und setzen zudem farbige Akzente nach außen.
Sich Wohlfühlen
Ökologische, warme und langlebige Materialien und weich strukturierte Oberflächen, ein harmonisches Farbkonzept mit zurückhaltenden Farbakzenten sorgen für eine freundliche Atmosphäre und Behaglichkeit. Teppichinseln strukturieren den Raum, mobile Möbel laden die Kinder zum Mitgestalten. In unkomplizierter Selbstverständlichkeit kommt Holz durchgehend zum Einsatz. Für eine angenehme Akustik im Inneren sorgen weiche Oberflächen und Akustikdecken.
Vorhang auf für die kleinen Stars
Beliebter Mittelpunkt am Marktplatz ist die große Bühne mit „richtigem“ Theatervorhang, die vielfältige Spiel- und Rückzugsmöglichkeiten erlaubt und den Kindern großen Spaß macht …
»…die Möblierung war von Anfang an ein integrierter Bestandteil der Spiel und Lernlandschaft…«
»Die großen Terrassen erweitern das Raumangebot nach draußen. Hier gibt es richtig viel Platz zum Spielen, Lernen und Austoben im Freien«
Natürlich soll es sein
Die Fassaden sind vielfältig gestaltet und schaffen ein Wechselspiel zwischen Offenheit und Rückzug. In unkomplizierter Selbstverständlichkeit kommt Holz zum Einsatz. Sowohl an den Wänden wie auch Decken, bieten im gesamten geschützten, überdachten Außenbereich Lärchenverkleidungen in drei unterschiedlichen Lattenbreiten den haptisch ansprechenden Hintergrund für die Aktivitäten der Kinder.
Großzügige Freibereiche
Nach Süden und Westen öffnen sich die Räume über die großzügigen Verglasungen auf die tiefen Terrassen, die durch einen weiten Dachüberstand geschützt werden. So kann der Außenraum das ganze Jahr über als Erweiterung genützt werden.
Besonders beliebt ist die tiefe Nische zwischen den Gruppenräumen – die Kinder lieben es, mit den Vorhängen hier unterschiedliche Spiel- und Raumsituationen zu schaffen. Auf der Südseite bilden die gezielt gesetzten Lamellen des Umgangs wie auch des Außenlagers einen Filter zur Straße hin. Sie erzeugen wechselnde, lebendige Lichtstimmungen und bieten den Kindern einen beschützten Zugang von der Schmutzschleuse in den Garten.
Das Gebäude ist derart konzipiert, dass eine Erweiterung des Kindergartens auf eine dreigruppige Anlage zu einem späteren Zeitpunkt unabhängig vom laufenden Betrieb möglich ist, da die zugehörigen Allgemeinbereiche für die gesamte Anlage bereits mitgebaut wurden und die dritte Gruppeneinheit quasi nur mehr an die bereits ausgeführten Sollbruchstellen im Westen des Speisesaales angedockt werden muss. Das ist klug gedacht und geplant, denn die südlich von Graz liegende Gemeinden wachsen besonders schnell und werden immer mehr zum stark nachgefragten Lebensmittelpunkt.